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Antoine Watteau, die akademische Kunst und die Moderne

Thomas Kirchner

Kirchner, Thomas, "Antoine Watteau, die akademische Kunst und die Moderne", dans Kern, Margit / Kirchner, Thomas / Kohle, Hubertus (éd.), Geschichte und Ästhetik. Festschrift für Werner Busch zum 60. Geburtstag, 2005, p. 107-120.

Extrait de l’article

Am 3. Februar 1748 hielt der Sammler, Archäologe, Amateur, Kunstschriftsteller und -theoretiker und dilettierende Radierer Comte de Caylus vor der Academie Royale de Peinture et de Sculpture einen Vortrag über Antoine Watteau. Es ist die umfangreichste Vita aus dem 18. Jahrhundert, und es ist die letzte Vita, die von einem Zeitgenossen des Künstlers, von einem Vertrauten, ja Freund, verfaßt wurde. Der Vortrag, der zu einer Aussöhnung der Institution mit ihrem seit langem verstorbenen, nicht sonderlich geliebten Mitglied hätte führen können, geriet zu einer Abrechnung mit dem Künstler. Caylus, sosehr er auch seinem Freund gerecht werden wollte, dürfte den Akademikern aus dem Herzen gesprochen haben, benannte er doch zentrale Anforderungen, denen Watteau nicht genügt habe. Die Zuhörer dürften darüber hinaus Genugtuung verspürt haben, schien nun endlich der Mythos zerstört zu sein, der ihnen in den letzten Jahrzehnten so sehr zu schaffen gemacht hatte, wurde der Niedergang der von ihnen besonders geförderten Historienmalerei und damit indirekt auch ihrer eigenen Institution doch nicht völlig zu Unrecht mit Watteau in Zusammenhang gebracht. Das lange Zeit ungeklärte Verhältnis zwischen der Akademie und dem Künstler schien nun zugunsten der Institution bereinigt, und man konnte besonders zufrieden sein, daß der Schritt nicht aus der Institution heraus vollzogen worden war, sondern von einem Außenstehenden, zudem einem Freund des Künstlers. Eine bessere Gewähr für eine unvoreingenommene Einschätzung konnte es nicht geben.

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