Der stumme König : Die Eliten der Hauptstadt und das Scheitern der Kommunikation beim Aufenthalt Heinrichs VI. in Paris (Dezember 1431)
Jörg Oberste
Oberste, Jörg, « Der stumme König : Die Eliten der Hauptstadt und das Scheitern der Kommunikation beim Aufenthalt Heinrichs VI. in Paris (Dezember 1431) », Francia, vol. 48 (2021), p. 43-73.
Extrait de l’article
In der Adventszeit 1431 wurde die französische Hauptstadt Schauplatz einer spekta-kulären Inszenierung. Die Stadt empfing am ersten Adventssonntag den jungen eng-lischen König Heinrich VI. (1421–1471), der in ihren Mauern auch zum französischen König gekrönt werden sollte. Am dritten Adventssonntag fand die feierliche Krönungs- und Weihezeremonie in Notre-Dame statt. Unmittelbar nach der Feier des Weihnachtsfestes verließ der Doppelmonarch, der kurz nach seinem Einzug zehn Jahre alt geworden war, Paris wieder. Er sollte die Stadt in seiner noch 40 Jahre währenden Herrschaft nie mehr betreten. Bereits 1435 brach mit dem Ausgleich zwischen Herzog Philipp III. von Burgund und Heinrichs Rivalen Karl VII. die mühevoll errichtete Lancaster-Herrschaft über Paris und Teile Frankreichs zusammen. Der Aufenthalt Heinrichs VI. in Paris und Vincennes vom 2. bis zum 26. Dezember 1431 war zugleich Beginn und Höhepunkt sowie Anfang vom Ende der anglo-französischen Doppelmonarchie, wie sie noch vor Heinrichs Geburt als Folge der französischen Niederlage von Azincourt im Vertrag von Troyes 1420 zwischen seinem Vater Heinrich V. und seinem Großvater Karl VI. vereinbart worden war.