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Schloßbesichtigungen in der Frühen Neuzeit. Ein Beitrag zur Frage nach der Öffentlichkeit höfischer Repräsentation

Michaela Völkel

Christine Tauber: Rezension von: Michaela Völkel: Schloßbesichtigungen in der Frühen Neuzeit. Ein Beitrag zur Frage nach der Öffentlichkeit höfischer Repräsentation, München / Berlin: Deutscher Kunstverlag 2007, in: sehepunkte 8 (2008), Nr. 9 [15.09.2008], URL: <http://www.sehepunkte.de/2008/09/13...>

Compte rendu de Christine Tauber

Wie öffentlich war die höfische Repräsentation der Frühen Neuzeit? Wesentlich stärker jedenfalls, als uns die diplomatischen Korrespondenzen von ausländischen Botschaftern oder die Berichte von hochgestellten politischen Besuchern an den europäischen Höfen suggerieren, behauptet Michaela Völkel. Ihre Hauptthese ist die einer frühneuzeitlichen Publikumsbildung jenseits der höfisch-zeremoniellen Repräsentation: Seit dem 17. Jahrhundert habe sich eine weniger politische als frühmodern-"kulturindustrielle" Öffentlichkeit herausgebildet, die die Schlösser der Fürsten und Monarchen und deren Ausstattungen als Teil des öffentlichen Raumes rezipierten. Mechanismen der Residenzenbesichtigung, die noch das 16. Jahrhundert geprägt hatten, wurden zunehmend von einer neuen Form der Zugänglichkeit flankiert.

Hatte der Hausherr ursprünglich im diplomatischen Spiel höfischer Selbstdarstellung durch Strategien der Inklusion und Exklusion den Blick des Besuchers subtil auf dasjenige beschränkt, was er ihm tatsächlich zeigen wollte, und mittels dieser räumlichen und zeitlichen Dosierung des Einblicks seine Deutungshoheit über die von ihm geförderte Kunst demonstriert, so erhielt der Reisende in der seit etwa 1600 einsetzenden Frühphase des Tourismus nun Zugang auch zu den "intimeren" Bereichen des Schlosses - wenn er bereit war, dem eigens beschäftigten Führungspersonal einen Türen öffnenden Obolus zu entrichten. Die zeremoniale Raumdisposition, die sich streng um den anwesenden Fürsten gruppiert hatte, wurde bei dieser neuen Form der Schlossbesichtigung außer Kraft gesetzt. Das Geheimnis und die streng ständische Beschränkung des Zugangs zur herrscherlichen Residenz im Sinne arkaner Herrschaftspraxis des 16. Jahrhunderts verkommt bereits Anfang des 17. Jahrhunderts zur reinen Inszenierung, wie anhand des Geheimgangs vom Florentiner Palazzo Pitti zu den Uffizien gezeigt werden kann, der zur gefragten touristischen Insider-Attraktion wird.

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